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Der Nutzen von UX

Es gibt Kritiker, die UX Design als eine Verführung der Massen verstehen. In ihren Augen ist nutzerzentriertes Denken eine billige Anmache, verkleidet als der digitale Messias, um den Menschen das letzte Kleingeld oder persönliche Daten aus der Tasche zu ziehen für Dinge, die sie nicht brauchen. UX sei hinterhältig und würde die wahren Mechanismen kapitalistischer Machenschaften verbergen.

Menschen befähigen

Ganz offensichtlich teile ich diese Meinung nicht, halte sie sogar für kulturpessimistischen und verblendeten Unfug. UX Design ist in meinen Augen eine Möglichkeit, Menschen zu befähigen Dinge zu tun, derer sie anders nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen hätten habhaft werden können. Es ist die konsequenteste Fortführung industrieller Revolutionen, indem ausgeklügelte und vor allem reflektierte Bedienelemente und Kommunikation dazu führen, dass jeder mehr Zeit und freie geistige Kapazität gewinnt, weil er sich nicht mit ansonsten unnützen Informationen belasten muss. Dieselben Kritiker würde dabei vermutlich den Hedonismus zum Vorwurf erheben. Aber was ist verkehrt daran, Aufgaben so einfach wie möglich zu gestalten, sodass mehr Zeit für Beruf, Familie oder andere Leidenschaften da ist? Unsere Welt wird mit zunehmender Technologisierung und Digitalisierung nicht einfacher, sondern komplexer und die Anforderungen an den einzelnen steigen – und zwar mit zunehmender Geschwindigkeit. Die Last auf den Schultern der Menschen kann mit UX etwas erleichtert, vielleicht sogar versüßt werden, indem unangenehme Pflichten leicht von der Hand gehen, Informationen leicht gefunden werden und Schönes noch angenehmer wird. 

Wie Dinge funktionieren

Tatsächlich schrieb ein solcher Kritiker, die Orientierung an UX würde die Mechanismen, nach denen die Dinge funktionieren, verbergen und damit das Ding an sich weiter aus der Reichweite des Verstehens rücken. Natürlich ist es im Jäger- und Sammler-Sinne nicht klug, das Kochen zu verlernen, weil der Thermomix dies übernimmt. Aber draußen in der Wildnis würden wir auch nicht überleben, wenn wir wüssten, wie die Mikrowelle Popcorn poppen lässt oder wie die Kommunikation zwischen unseren Smartphones und unseren Fernsehern funktioniert.

Warum kompliziert

Wir leben nicht nur in einer industrialisierten Kultur, sondern auch in einer digitalisierten. Und im wörtlichen Sinne des Begriffs gibt es damit keine eins-zu-eins Beziehung zwischen den Elementen oder Oberflächen und dem, was sie repräsentieren mehr. Das ist das Privileg des analogen und wir alle haben weiterhin immer mal wieder Sehnsüchte danach und befriedigen sie mit Kunst, Sport oder Gesellschaft. Das aber dämonisiert die nicht von der Hand zu weisenden Vorteile des Digitalen nicht. Denn eine Kultur, die in so einer komplexen Struktur funktioniert, muss sich dieser Abstraktion bedienen. Und wenn sie es tut, kann es ja wenigstens gut funktionieren und schön aussehen.